August 2023
Ehrenamtlich pharmazeutisch in Tansania tätig: Als Einsatzkraft von Apotheker Helfen hat Constanze Gandor, Apothekerin am Klinikum Karlsruhe, mehrere Wochen in der Krankenhausapotheke des Wasso-Hospitals mitgearbeitet und Trainings und Schulungen angeboten. Die Fachapothekerin für Klinische Pharmazie schildert ihre Erfahrungen.
AH: Wie kamen Sie zum Entschluss, mehrere Wochen ehrenamtlich in Tansania im Wasso-Hospital zu arbeiten, und wie haben Sie sich darauf vorbereitet?
Gandor: Ich bin schon immer an anderen Ländern und Sprachen interessiert. 1989 war ich sechs Monate in Mittelamerika unterwegs – aber ohne Arbeitsauftrag. Danach war wieder Arbeiten angesagt. Dann Studium und Familiengründung. Jetzt passt einfach die Zeit. Von meiner Arbeit her kann ich es mir leisten, auch mal etwas länger frei zu nehmen. Als mich der Geschäftsführer von Apotheker Helfen, Dr. Andreas Wiegand, Ende letzten Jahres fragte, ob ich nach Wasso reisen möchte, habe ich nicht lange überlegt und von ganzem Herzen Ja gesagt.
Vorbereitet habe ich mich im Selbststudium mit Büchern, die ich von Herrn Wiegand bekommen habe, zum Beispiel „Where there are no pharmacists“ und dem EPN-Handbook. Das war sehr hilfreich, auch für die dortigen Schulungen.
AH: Wie haben die Mitarbeiter der Wasso-Apotheke Sie aufgenommen? Wie war der Kontakt?
Gandor: Ich wurde sehr herzlich aufgenommen. Die Apotheke wird von Hellen Tendeu geleitet; sie ist die einzige Apothekerin vor Ort und fünf Mitarbeiter, darunter PTA, Krankenschwestern und angelernte Kräfte. Alle waren sehr interessiert und haben mir vorbehaltslos alles gezeigt und meine Fragen beantwortet. Ich hatte zum Schluss ein richtig gutes Verhältnis zu allen, vor allem zu meiner Kollegin Hellen.
AH: Konnten Sie auf Englisch miteinander kommunizieren?
Gandor: Ja, wir haben Englisch miteinander gesprochen, aber man sollte auch Suaheli können, um alle Mitarbeiter zu erreichen. Selbst beim Apothekenteam war es manchmal mühsam mit dem Englischen – und für die Beratung bei der Abgabe von Medikamenten braucht man die Landessprache. Die meisten Maasai sprechen Suaheli, aber manche nur ihre eigene Sprache, die Maa heißt.
AH: Welche Aufgaben hatten Sie konkret in der Apotheke?
Gandor: In der ersten Hälfte meines Aufenthalts in Wasso war ich vor allem Beobachterin: andere Kultur, andere Sprache, andere Arbeit, andere Bedingungen. Ich wollte die Apotheke und das Krankenhaus erstmal kennenlernen. Und vor allem die Mitarbeiter: Wer arbeitet wo, wer ist wofür zuständig? Für mich war es wichtig zu erfahren, wen ich für verschiedene Themen ansprechen kann. Dann schaute ich mir die Prozesse im Krankenhaus und in der Apotheke an. Bei einer Bestandsaufnehme kann ich erspüren, was man verbessern kann und wo die Mitarbeiter Unterstützung und Schulungen brauchen. Mir war es vor allem wichtig, Vertrauen aufzubauen. In der zweiten Hälfte habe ich dann Schulungen vorbereitet und gehalten. Vormittags war ich immer in der Apotheke. Dann kamen auch Fragen der Mitarbeiter und Themenwünsche, die ich dann besprochen habe.
AH: Welche Themen waren interessant für das Personal?
Gandor: Zum Beispiel Lagerhaltung und Inventur von Arzneimitteln, aber auch Sauberkeit, Exaktheit und Hygiene beim Auseinzeln. Ein großes Thema war die Beratung der Patienten zur Einnahme von Arzneimitteln; zudem wollte ich sensibilisieren für manche Nebenwirkungen und den rationalen Arzneimittelgebrauch. Sehr wichtig war für Hellen und mich, dass Antibiotika-Trockensäfte für Kinder in der Apotheke zubereitet werden. Das war bislang nicht üblich. Dafür habe ich – zusätzlich zu den Schulungen – ein kleines Poster mit Piktogrammen entwickelt.
Manche Verbesserungen konnten wir gemeinsam direkt umsetzen, zum Beispiel einen Reinigungsplan erstellen und die Trockensaft-Zubereitung etablieren.
AH: Haben Sie auch auf den Stationen und dort mit Ärzten zusammengearbeitet?
Gandor: Auf Station und mit den Ärzten habe ich direkt nicht zusammengearbeitet, aber Vorträge gehalten. Da ging es zum Beispiel um rationalen Arzneimittelgebrauch mit Fokus auf Antibiotika und um Arzneimittel-Lagerhaltung auf den Stationen. Mir war es wichtig, das Personal zu sensibilisieren, zum Beispiel für Verfalldaten und Lichtempfindlichkeit. Oft ging es um Basics in der Krankenhausapotheke und auf Station.
AH: Konnten Sie Ihre Erfahrungen als Krankenhausapothekerin einbringen?
Gandor: Ich bin seit 35 Jahren im Krankenhaus tätig, davon elf Jahre als Krankenschwester und mehr als 20 Jahre als Apothekerin. Diese Erfahrungen konnte ich vielfach sehr gut einbringen. So soll ein MTC (Medical and Therapeutic Committee) am Krankenhaus etabliert werden, das entspricht ungefähr unserer Arzneimittelkommission. Da konnte ich mein Wissen einbringen, aber die Verantwortlichen brauchen noch mehr Unterstützung zur Umsetzung. Das gilt ebenso für die Eigenherstellung in der Apotheke, dann der viel Interesse besteht.
AH: Ein paar praktische Fragen: Wo haben Sie gewohnt, wie Ihre Freizeit erbracht?
Gandor: Gewohnt habe ich auf dem Campus in einem schönen Guesthouse mit zwei lieben Haushälterinnen. Ich wurde sehr gut bekocht und Ingwertee stand immer bereit. Auch meine Wäsche wurde gewaschen – von Hand. Meine Freizeit verbrachte ich mit den Kollegen und den Haushälterinnen, die mit mir durchs Dorf und auf den Markt gingen. Ich wurde auch nach Hause eingeladen, zum Beispiel von Hellen, die in Wasso wohnt. Sie ist eine Maasai und hat mich mitgenommen in ein kleines Maasai-Dorf. Es war so eindrucksvoll und ich bin ihr für diese Erfahrung außerordentlich dankbar.
Einmal sind wir gemeinsam in die Stadt Mwansa gefahren, um zwei Ultraschallgeräte abzuholen. Dash heißt: einen Tag durch die Serengeti fahren, dann einen Tag in Mwansa und wieder einen Tag zurück durch die Serengeti. Auch diese Reise werde ich nie mehr vergessen.
AH: Ihr Resümee: Was hat der Projektaufenthalt für die Apotheke, was für Sie persönlich gebracht?
Gandor: Ich konnte in dieser Zeit einige Verbesserungen vornehmen und vor allem neue Ideen anstoßen. Wir konnten sehr viel voneinander lernen und man war offen für Neues. Da ist so viel Potenzial, das man entwickeln kann. Für mich persönlich war es eine sehr intensive Lebenszeit und die Arbeit hat mir wahnsinnig viel Freude bereitet. Ich bin sehr glücklich und dankbar für diese wertvolle Erfahrung und weiß: Es war nicht das letzte Mal. Jetzt lerne ich Suaheli für meinen nächsten Aufenthalt in Wasso.
Der PC für die Lagerhaltung steht noch nicht lange in der Wasso-Krankenhausapotheke und bislang können nur zwei Mitarbeiter ihn bedienen. Apothekerin Gandor will hier anknüpfen.
Fotos: Constanze Gandor, APOTHEKER HELFEN e.V.